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Pressestimmen, Kritiken - zu Nixen fischen

 

Juli 2017: Im Heft Nr. 73 von Am Erker (Münster) erschien die Kritik von Lothar Glauch über Nixen fischen, auch komplett online zu lesen:

"Hatte sich Silke Andrea Schuemmer in Remas Haus (2004) auf eine akkurate Kunstsprache konzentriert, knüpft sie mit ihrem Neuling Nixen fischen die ästhetischen Maschen merklich leichter. Der Kunstbezug ist diesmal ins Thema gewandert: Der Leser wird in die surreale, burleske Welt des Kunsthändlers Seckig entführt. (...) Es ist eine Besonderheit des Werkes, dass Ines selbst kaum charakterisiert wird, obgleich die Story ihrer Perspektive folgt. (...) Ines staunt scheinbar sprachlos über Seckigs perfide-psychologische Verkaufsmethoden. Sie selbst indessen ähnelt all den anderen Raritätensuchern, die bei Seckig ihre ideale Droge finden. Sobald Seckig deren Schwäche erkannt hat, nutzt er diese Kenntnis im Pricing gnadenlos aus. Dass sie unbedingt jene überteuerte Fotografie erstehen möchte, mag rätselhaft wirken. Aus ihr dringt wenig hervor. Dem literarischen Anspruch tut das gut: Hauptfiguren, über die so wenig bekannt wird, sind selten. Ihre Motive bleiben vage, was die Spannung anheizt. (...) Sie sei keine Untergeherin, sondern eine Auftauchende. Im Untergrund des Werkes ruhen tiefere Fragen: Ist Kunst noch etwas Heiliges? Der Verweis auf Höheres, der Entwurf von Utopien scheint überholt. Kunstanthropologen definieren die zeitgenössische Kunst zunehmend als Spielart des Luxus: Sie wird in die Klasse von teuren Genüssen, Drogen, Nervenkitzel und Zerstreuungen sortiert. (...) Nixen fischen hat eine große Bandbreite: das Besondere, die Rarität, das Einzelstück auf der einen, die Überflutung, das Überbordende und Rauschhafte auf der anderen Seite. Stilistisch wie erzählerisch ist Schuemmers Roman aus einem Guss. Der surrealistische Ansatz ist augenfällig: Der Erzählduktus pendelt raffiniert zwischen der Realität und Traumwelten. (...) Nixen fischen - ein Märchen im feuchten Milieu. Eine Erlösungssuche auch. Weil jener feindosierte mystische Akzent wunderbar zu einem modernen Kunstmärchen passt. Während die Figuren nach dem rechten Maß ihres Lebens suchen, hat Schuemmer dieses Gleichmaß in der Anlage des Romans gefunden. Inmitten des Chaos herrscht Ordnung. Herauftauchenswert."

Am Erker 73

Frank Schorneck unter culturmag.de, online seit 5. Juli 2017:

"Wie ein unheilvolles Wesen aus Fluch der Karibik  haust Antiquitätenhändler Knut Seckig in seinem Laden, der bis unter die Decke mit maritimem Krimskrams vollgestopft ist.  (...) Ein unscheinbares Polaroid im Schaufenster lockt die Studentin Ines in seinen Laden. Hat dieses Foto von zwei Mädchen in einem Kanu etwas mit ihrer eigenen Geschichte zu tun? Ines will dieses Foto haben, doch es ist nicht käuflich, sondern Seckig nutzt diesen Köder, um die attraktive junge Frau für ein paar Tage in seine Dienste zu zwingen. Eine Messe steht bevor, und Knut Seckig hegt einen ausgeklügelten Plan, unliebsame Konkurrenz auszustechen. Silke Andrea Schuemmer ist mit der Figur des Knut Seckig ein ungemein schmieriger Bösewicht gelungen, der dennoch eine unangenehme Faszination ausübt. Wer sich noch an die Szene mit dem Pferdekopf und den Aalen aus Grass' Blechtrommel erinnern mag, darf sich vorstellen, wie die Atmosphäre dieser kurzen Sequenz auf rund 200 Seiten ausgedehnt wirkt. Zweifellos beruht Seckigs Geschäft in erster Linie auf Nepp und Betrug, Kunden sind ihm eigentlich zuwider. Viel lieber widmet er sich den jungen Mädchen, die er von der Straße aufgabelt, mit Drogen versorgt und die er sich gefügig macht. Ines ist ein anderes Kaliber als diese unreifen Punkerinnen, sie dient Seckig als Köder für einen anderen Händler, der auf großgewachsene Schönheiten im Fischgrätkorsett  steht. Schuemmers Prosa ist salzwassergetränkt, schier unerschöpflich scheint ihr Reservoir maritimer Motive zu sein. Die Lyrikerin Schuemmer, die jedes einzelne Wort auf sein Gewicht prüft, ist auch in ihrer Prosa zu erkennen. Da stehen sirenengleiche Verlockungen, die schillernde Erotik von Meerjungfrauen unmittelbar neben dem rätselhaft tentakeligem, schleimig-schuppigem Unbekannten auf dem Meeresgrund, das man lieber nicht aus seinem unruhigen Schlaf wecken will. Bis in die Nebenfiguren ist der Roman filigran durchkomponiert, greifen die Geschichten ineinander. (...) Die einzelnen Lebensläufe sind kunstvoll motivisch ineinander verwoben. Magischer Realismus und beißende Satire reichen sich die mit Schwimmhäuten versehenen Hände. (...) Neben der ausufernden maritimen Motivik lässt die Autorin aber auch Raum für tiefgründigen Humor: Wie sie zum Beispiel den Aufbau der Messe schildert, die verlogenen Rituale falscher Kollegialität, wenn Sektflaschen als Gastgeschenke kursieren und kritisch nach Wert begutachtet werden, dann hat das entlarvende satirische Qualitäten. Für die Autorin ist dieser Roman beinahe ein Lebensprojekt. Auf Ihrer Homepage schildert sie, wie sie dieses Sujet seit ihrer Studienzeit in den 1990er Jahren verfolgt, als sie in einer Kunsthandlung arbeitete und dort offenbar in einem 'misogynen, zynischen' Besitzer das Vorbild für Knut Seckig persönlich kennenlernte. Zahlreiche Skizzen, Handlungsentwürfe und Rohfassungen entstanden im Laufe der Jahre, die Autorin drohte unterzugehen in den dunkel schimmernden Untiefen. Doch sie ist aufgetaucht und es ist dem konkursbuch Verlag hoch anzurechnen, diesen funkelnden Schatz gehoben und verlegt zu haben."

CulturMag

Karoline Pilcz in Buchkultur Nr. 172, Ausgabe Juni 2017:

Gibt es noch die Meerjungfrauen, die auftauchen und untergehen und manchmal jemanden mit in die Tiefe nehmen? Die deutsche Autorin Silke Andrea Schuemmer beantwortet diese Frage in ihrem außergewöhnlichen und merkwürdigen Roman mit Ja. Wie selbstverständlich durchschwimmen Nixen diesen Text, der sich zwischen Realität und Märchen bewegt und in den fantastische Elemente mit Erzählungen, Geschichten und minutiöser Beschreibung verwoben sind. Schauplatz ist ein Antikgeschäft für Maritimes, das der in die Jahre gekommene Widerling Knut Seckig führt. Die blutjunge Ines verschlägt es in den düsteren Laden, weil sie ein altes Polaroidbild im Schaufenster entdeckt hat, die sie unbedingt besitzen möchte. Als Bezahlung für das Foto soll sie vier Wochen für Seckig arbeiten. Der beleibte Händler unterweist Ines in der Kunst des Handelns und Tricksens und sie sieht in seinem Laden viel mehr als nur skurrile Utensilien rund um das Meer. Seckig nimmt sich nämlich nicht nur alter Dinge, sondern auch gestrandeter Mädchen an, rettet sie von der Straße, um sie dann selbst zu missbrauchen. Seckigs Antagonist ist Patte, ein einst verunfallter Taucher, der im Rollstuhl sitzt. Er symbolisiert sozusagen das Gute, Seckig das Böse, Ines gerät dazwischen hinein und muss zusehen, wie sie sich aus dieser feuchten, siffigen und schmutzigen Meereshöhle wieder befreien kann. Viele Geschichten werden hier erzählt, Geschichten rund um das Meer, Geschichten von Menschen, die den Weg der Protagonisten gekreuzt haben, Geschichten von Familien. Jeder erzählt hier, freiwillig oder dazu genötigt. Dazwischen finden sich detaillierte Beschreibungen des Antikladens, seines Sammelsuriums sowie des Personeninventars, das dennoch seltsam fremd und distanziert bleibt. Etwas gewöhnungsbedürftig ist dieser Roman, er erschließt sich nicht sogleich und man schwankt anfangs zwischen Faszination und Abstoßung. Dann irgendwann wird man hineingezogen in den Sog der Erzählung wie in die Wellen des Meeres. Ein eigenwilliger, fantastisch-märchenhafter Roman um Auftauchen und Untergehen voller Fische, Quallen und klebriger Tentakel, die kaum Luft zum Atmen lassen.

Buchkultur 172, Juni 2017

Buchkultur 172, Juni 2017

Günter Keil im Playboy, Heft Mai 2017:

"Ein Roman wie ein gutes Fischbrötchen: nicht zu dick, delikat, maritim, zaubert ein Schmunzeln ins Gesicht. Im Mittelpunkt stehen die sympathische Studentin Ines und der skurrile Antiquitätenhändler Knut Seckig mit seinen Sex-Gespielinnen. Drumherum zappeln Fische, Quallen und Nixen. Äußerst anregend!"

Playboy, Mai 2017

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